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Neue Assistenzsysteme - Aktiver Totwinkel-Assistent und Aktiver Spurhalte-Assistent mit ESP-Bremseingriff

Berlin, 01.06.2010 - Unfälle vermeiden und Unfallfolgen mindern: Das ist der ganzheitliche Ansatz der Mercedes-Benz Sicherheitsforschung. Anlässlich der 3. Verkehrssicherheitstage des Motor Presse Club e.V. (MPC) in Berlin zeigt Mercedes-Benz mit einer Vielzahl von Versuchsfahrzeugen und Simulatoren die ganze Vielfalt dieser Initiative, die das Unternehmen unter dem Begriff „Real Life Safety“ zusammenfasst. Weltpremiere feiern dabei der Aktive Totwinkel-Assistent und der Aktive Spurhalte-Assistent, die in naher Zukunft in der Serie starten.

Gut sehen und ermüdungsfrei fahren sind zwei Grundsätze, die seit jeher typisch sind für Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz. Die Ingenieure des Hauses haben dafür den Begriff „Konditionssicherheit“ geprägt. Eine wesentliche Rolle dabei spielen neben dem Federungs-, Sitz- und Geräuschkomfort beispielsweise Scheinwerfer- und Scheibenwischsysteme sowie eine einfache und sichere Bedienung. Zunehmend wichtiger werden heute Assistenzsysteme, die den Fahrer bei seiner komplexen Tätigkeit unterstützen.So tragen in der aktuellen E-Klasse neben den bewährten Technologien ABS, ESP® und Bremsassistent rund ein Dutzend neu- oder weiterentwickelter Fahrer-Assistenzsysteme dazu bei, Verkehrsunfälle zu vermeiden und die Unfallschwere zu vermindern – von der Müdigkeitserkennung bis zur automatischen Vollbremsung bei erkannter akuter Aufprall-Unfallgefahr, vom Adaptiven Fernlicht-Assistenten bis zur Aktiven Motorhaube.

E-Klasse Crashtest

Der ATTENTION ASSIST und die Konditionssicherheit: Mach mal Pause

Neben dem Insassenschutz und der Fahrsicherheit ist die Konditionssicherheit eine der wichtigsten Aufgaben bei der Sicherheitsentwicklung eines neuen Mercedes-Modells. Mit dem ATTENTION ASSIST hat Mercedes-Benz zudem 2009 ein Assistenzsystem serienmäßig in der E- und S-Klasse eingeführt, das übermüdete Autofahrer erkennt und entsprechend warnt.
Laut Studien sind auf Autobahnen rund ein Viertel aller schweren Verkehrsunfälle auf übermüdete Autofahrer zurückzuführen. Demzufolge hat diese Unfallursache eine größere Bedeutung als Alkohol am Steuer. Mit dem ATTENTION ASSIST leistet Mercedes-Benz daher einen weiteren wichtigen Beitrag zur Unfallvermeidung, denn mit diesem Assistenzsystem kann das Fahrzeug sogar „fühlen“: Die hochsensiblen Sensoren des Systems beobachten das Verhalten des Autofahrers und können vor allem anhand seiner Lenkradbewegungen erkennen, ob er müde wird. Der ATTENTION ASSIST gehört zur Serienausstattung aller Versionen der neuen E-Klasse-Familie und der S-Klasse (Ausnahme: S 400 HYBRID).

Der von Mercedes-Benz entwickelte ATTENTION ASSIST erfasst über 70 Parameter, die für die Müdigkeits-Detektion ausgewertet werden. Diese kontinuierliche Beobachtung ist wichtig, um den gleitenden Übergang vom Wachzustand zur Ermüdung erkennen und den Autofahrer frühzeitig warnen zu können. Auf Basis dieser Vielzahl von Daten ermittelt der ATTENTION ASSIST während der ersten Minuten jeder Fahrt ein individuelles Fahrerprofil, das in dem elektronischen Steuergerät des Fahrzeugs mit aktuellen Sensordaten und der jeweiligen Fahrsituation verglichen wird. Neben der Geschwindigkeit, der Längs- und Querbeschleunigung erfasst das Mercedes-System zum Beispiel auch Blinker- und Pedalbetätigungen sowie bestimmte Bedienhandlungen und äußere Einflüsse wie Seitenwind oder Fahrbahnunebenheiten.

Im Rahmen der vierjährigen Entwicklungs- und Erprobungsarbeit mit dem ATTENTION ASSIST hat sich das Lenkverhalten als ein besonders aussagekräftiger Indikator für Übermüdung erwiesen. Bei den Tests mit über 670 Autofahrerinnen und Autofahrern stellten die Mercedes-Wissenschaftler fest, dass ein übermüdeter Autofahrer Mühe hat, die Spur präzise einzuhalten. Er macht kleinere Lenkfehler, die oft schnell und in charakteristischer Weise korrigiert werden. Dieser Effekt kann bereits in einer frühen Phase der beginnenden Müdigkeit auftreten – in der Regel vor dem gefährlichen Sekundenschlaf. Hat das System Übermüdung erkannt, ertönt ein akustisches Warnsignal und eine Displayanzeige im Kombi-Instrument gibt dem Fahrer den unmissverständlichen Rat: „ATTENTION ASSIST. Pause!“ Der ATTENTION ASSIST ist zwischen 80 und 180 km/h aktiv.

Die Konditionssicherheit: Moderne Technik entlastet den Autofahrer

Das harmonische Zusammenspiel von Mensch und Auto ist seit jeher ein besonderes Anliegen von Mercedes-Benz. Deshalb konstruieren die Ingenieure Fahrzeuge mit hohem Entlastungskomfort und sind Schrittmacher bei der Entwicklung moderner Assistenzsysteme, die den Autofahrer unterstützen. Dieses Engagement steht unter einem Leitbegriff, den Mercedes-Benz vor mehr als 20 Jahren prägte: Konditionssicherheit.

Die Konditionssicherheit ist Teil der umfassenden Sicherheitsphilosophie von Mercedes-Benz und zugleich ein wichtiger Beitrag zur Unfallvermeidung. Denn ein Autofahrer, der geistig und körperlich fit ist, hat genügend Leistungsreserven, um in kritischen Verkehrssituationen schnell und richtig zu reagieren. Die Mercedes-Personenwagen sind so konzipiert, dass sie die Kondition des Fahrers erhalten und teilweise sogar verbessern. Damit gehört die Konditionssicherheit – ebenso wie die Fahr-, Bedien- und Wahrnehmungssicherheit – zu den Inhalten der Aktiven Sicherheit.

Mercedes-Benz versteht unter Konditionssicherheit

  • die Sicherstellung einer guten physischen und psychischen Verfassung des Autofahrers;
  • alle Aktivitäten und Einrichtungen, die dazu dienen, die Belastung des Fahrers und damit die Wahrscheinlichkeit von Fehlhandlungen gering zu halten;
  • alle technischen Maßnahmen, die den Entlastungskomfort erhöhen und die Fahraufgabe sinnvoll erleichtern.

Das Entwicklungsziel Konditionssicherheit umfasst also ein weites, interdisziplinäres Aufgabenfeld. Es beginnt bei der Maßkonzeption des Innenraums, umfasst alle Aspekte des Federungs-, Klima-, Sitz- und Geräuschkomforts und beinhaltet die Entwicklung intelligenter Assistenzsysteme, die während der Fahrt bestimmte Aufgaben übernehmen. Entscheidend ist jedoch das perfekte Zusammenspiel dieser und anderer Einzelmaßnahmen mit dem Ziel, den Autofahrer zu entlasten und seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Das erfordert viel Erfahrung und große Kompetenz auf dem Gebiet der Gesamtfahrzeug-Konzeption – eine Aufgabe, der man bei Mercedes-Benz besondere Aufmerksamkeit widmet.

Aktiver Totwinkel-Assistent und Aktiver Spurhalte-Assistent mit ESP-Bremseingriff

Neben den bewährten Sicherheitstechnologien ABS, ESP® und Brems-assistent tragen in Mercedes-Personenwagen bis zu ein Dutzend neu- oder weiterentwickelter Fahrer-Assistenzsysteme dazu bei, Verkehrsunfälle zu vermeiden und die Unfallschwere zu vermindern. Demnächst feiern der Aktive Totwinkel-Assistent und der Aktive Spurhalte-Assistent in Mercedes-Oberklasse-Modellen ihre Premiere.

Assistenzssysteme von Mercedes-Benz, der aktive Totwinkel-Assistent

Der Aktive Totwinkel-Assistent warnt den Fahrer, wenn er erkennt, dass bei einem Spurwechsel Kollisionsgefahr droht. Nahbereichs-Radarsensoren, die auf beiden Seiten des hinteren Stoßfängers untergebracht sind, detektieren hierzu den Bereich unmittelbar neben und hinter dem Auto.

Auf diese Weise können sie erkennen, wenn auf der Nachbarspur ein anderes Fahrzeug unterwegs ist, das sich im „toten Winkel“ des Außenspiegels befindet. In solchen Situationen informiert das System den Fahrer durch ein rotes Warnsignal im Glas des Außenspiegels. Übersieht der Fahrer diesen Hinweis und betätigt zum Spurwechsel den Blinker, ertönt zusätzlich ein Warnsignal.
Die Neuheit bei der jüngsten Entwicklungsstufe: Ignoriert der Fahrer die Warn­hinweise und kommt dem Fahrzeug auf der Nachbarspur gefährlich nahe, so greift der aktive Totwinkel-Assistent ein. Durch einen Bremseingriff an den Rädern der gegenüber liegenden Fahrzeugseite über das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® entsteht eine Gierbewegung, die dem Kollisionskurs entgegenwirkt. Das System wird intuitiv deaktiviert, sobald der Fahrer gegen die Wirkung des Bremseingriffs lenkt oder das Fahrzeug beschleunigt.

Lässt sich ein Unfall trotz Richtungskorrektur nicht mehr vermeiden, so kann der aktive Totwinkel-Assistent die Folgen eines Zusammenstoßes durch die Kurs­korrektur verringern. Erkennt das System auch auf der gegenüberliegenden Seite in knappem Abstand Fahrzeuge oder Hindernisse, passt es den Bremseingriff entsprechend an. Hierzu nutzt der aktive Totwinkel-Assistent auch die Front­sensordaten des Abstandsregel-Tempomaten DISTRONIC PLUS.

Der kurskorrektive Bremseingriff erfolgt zwischen 30 und 200 km/h. Die Wirkung ist auf eine Längs- und Querverzögerung von 2 m/s2 beschränkt. Im ESP-Off-Modus ist der Aktive Totwinkel-Assistent abgeschaltet. Die optische Warnung im Außenspiegel ist bis zu einer Geschwindigkeit von 250 km/h aktiv.

Aktiver Spurhalte-Assistent mit ESP®-Unterstützung

Erstmals mit dem ESP® vernetzt ist auch der Aktive Spurhalte-Assistent. Das System tritt in Aktion, wenn das Mercedes-Modell ungewollt eine durchgezogene Linie rechts oder links der Fahrspur überfährt. In diesem Fall bremst der Aktive Spurhalte-Assistent durch das ESP® die gegenüberliegenden Räder ab, um das Fahrzeug am Überfahren der Linie zu hindern. Zugleich warnt eine Anzeige im Kombi-Instrument den Autofahrer. Beim Überfahren von unterbrochenen Fahr­bahnmarkierungen steuert das System einen elektrischen Impulsgeber im Lenkrad an. Dieser sorgt für kurzzeitige Vibrationen – ein dezenter, aber durchaus wirkungsvoller Hinweis, unverzüglich gegenzulenken. Auch vor dem Bremseingriff erfolgt stets die haptische Warnung per Lenkradvibration.

Herzstück des Aktiven Spurhalte-Assistenten ist eine Kamera an der Innenseite der Frontscheibe. Sie kann Fahrbahnmarkierungen erkennen, indem sie Kontrastunterschiede zwischen dem Straßenbelag und den Begrenzungslinien auswertet. Die Bildverarbeitung informiert ein elektronisches Steuergerät, das die Position des Fahrzeugs bestimmt und erkennt, wenn dieses die Fahrspur nach links oder rechts verlässt. Um maximale Zuverlässigkeit zu gewährleisten, wertet der Spurhalte-Assistent der neuen Generation neben den Informationen der Bildverarbeitung auch Radarsignale aus. Nur wenn beide Spuralgorithmen zur gleichen Auswertung kommen, erfolgt der kurskorrektive Bremseingriff. Anders als herkömmliche Systeme dieser Art wertet der Mercedes-Assistent zudem auch die Aktivitäten des Fahrers aus und kann auf diese Weise ermitteln, ob das Fahrzeug absichtlich oder unabsichtlich die erkannte Fahrspur verlässt.

Der kurskorrektive Bremseingriff arbeitet zwischen 60 und 200 km/h.

Er unterbleibt, wenn:

  • das ESP® deaktiviert ist,
  • der Kurvenradius kleiner als 150 Meter ist,
  • das Fahrzeug im Reifennotlauf unterwegs ist,
  • beim Bremsen oder Beschleunigen über 2 m/s², in Kurven bei Querbeschleunigungen über 2 m/s² (sportliche Fahrweise).

Die haptische Warnung per Lenkradvibration erfolgt nicht, wenn der Fahrer:

  • vor einem Überholvorgang oder beim Auffahren auf die Autobahn beschleunigt,
  • stark bremst,
  • in eine Kurve lenkt,
  • eine Kurve absichtlich schneidet,
  • den Blinker betätigt,
  • nach einem Überholvorgang wieder auf die ursprüngliche Fahrspur einschert,
  • aktiv gegenlenkt.

Außerdem wird der Spurhalte-Assistent sofort deaktiviert, wenn ABS, ESP®, der Bremsassistent oder ein anderes aktives Sicherheitssystem eingreift.

Sicherheitsexperimentalfahrzeug ESF 2009

2009 ist das Jahr der Sicherheitsjubiläen bei Mercedes-Benz: Im August 1939 nahm Sicherheitspionier Béla Barényi seine Arbeit in Sindelfingen auf. Er erfand unter anderem das Prinzip der Knautschzone, das 1959 bei Mercedes-Benz als bahnbrechende Innovation in Serie ging. Mit Hilfe der firmeneigenen Unfallforschung, die 1969 gegründet wurde, entwickelten Mercedes-Ingenieure in den Folgejahren zahlreiche Meilensteine der Pkw-Sicherheit. Zeit für einen Blick hinter die Kulissen: Im Jubiläumsjahr verrät Mercedes-Benz anhand des Forschungsfahrzeugs ESF 2009, woran die Sicherheitsexperten momentan forschen und konkret arbeiten – mit einem Zeithorizont, der oft viele Jahre in die Zukunft weist. Das ESF 2009 ist das erste öffentlich vorgestellte Experimental-Sicherheits-Fahrzeug von Mercedes-Benz seit 1974. Wie seine historischen Vorgänger fasst es wegweisende Innovationen auf dem Gebiet der Sicherheit anschaulich zusammen und macht den Fortschritt so erlebbar. Zu den verblüffenden, aber keineswegs verrückten Ideen zählen unter anderem aufblasbare Metallstrukturen, die Strukturbauteilen in Sekundenbruchteilen mehr Stabilität geben, sowie der so genannte „Braking Bag“. Dieser im Fahrzeugboden untergebrachte Airbag entfaltet sich kurz vor einer als sicher prognostizierten Kollision und stützt das Fahrzeug über einen Reibbelag gegen die Fahrbahn ab. Seine Premiere feierte das ESF 2009 am 15. Juni 2009 bei der 21. Internationalen Fahrzeug-Sicherheitskonferenz (ESV - Enhanced Safety of Vehicles Conference) in Stuttgart.

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„Sicherheit ist ein zentrales Element der Marke Mercedes-Benz. Seit fast 70 Jahren geben wir hier im Markt die Schlagzahl vor. Zum Nutzen unserer Kunden und der Verkehrsteilnehmer insgesamt. Das ESF 2009 zeigt, dass wir noch viele Ideen haben und den absoluten Willen, auch künftig die Automobilindustrie in diesem Feld anzuführen“, erläutert Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und Leiter des Geschäftsfeldes Mercedes-Benz Cars.

Entwickelt und realisiert wurde das ESF 2009 komplett in der Versuchsfahrzeug-Werkstatt in Sindelfingen. Das Sicherheits-Experimental-Fahrzeug auf Basis eines Mercedes S 400 HYBRID zeigt über ein Dutzend Sicherheitsinnovationen, von denen die meisten in einem Demonstrationsmodus funktionsfähig sind. „Mit dem ESF 2009 setzen wir gerade jetzt ein klares Zeichen für die Innovationskraft von Daimler. Wer sich mit dem ESF 2009 befasst, erkennt zudem, dass mehr Sicherheit und verbesserte energetische Effizienz nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen. Auf beiden Feldern wollen wir mit neuen Ideen den Fortschritt treiben“, so Dr. Thomas Weber, Daimler-Vorstand für Konzernforschung und Entwicklung Mercedes-Benz Cars.

Zu den Highlights des ESF 2009 auf Basis eines S 400 Hybrid zählen diese Innovationen:

PRE-SAFE® Structure

Diese aufblasbaren Metallstrukturen sparen Gewicht oder erhöhen die Stabilität von Strukturbauteilen. Im Ruhezustand ist das Metallprofil platzsparend gefaltet. Wird seine schützende Wirkung benötigt, sorgt ein Gasgenerator in Sekundenbruchteilen für einen Innendruck von 10 bis 20 bar, das Profil wird entfaltet und erhält deutlich mehr Stabilität.

Braking Bag

Diese im Fahrzeugboden untergebrachte Zusatzbremse ist eine neuartige Komponente. Wird ein Aufprall von Sensorik und Steuer-gerät als sicher prognostiziert, entfaltet sich der „Braking Bag“ kurz vor der Kollision und stützt das Fahrzeug über einen Reibbelag gegen die Fahrbahn ab. Die Vertikalbeschleunigung des Fahrzeuges erhöht die Reibung und bremst es bis zum Aufprall zusätzlich ab. Die Fahrzeugverzögerung wird kurzzeitig auf über 20 m/s² erhöht. Dadurch wird über die Möglichkeiten einer Radbremse hinaus zusätzliche Energie abgebaut und so die Unfallschwere verringert. Weil das Auto in kurzer Zeit um bis zu acht Zentimeter nach oben gehoben wird, kann das Bremstauchen der konventionellen Bremsung weitgehend kompensiert werden. Dadurch erhöht sich die geometrische Kompatibilität gegenüber dem Unfallgegner. Diese Vertikalbewegung verbessert zudem die Wirkung der Rückhaltesysteme: Die Sitze kommen den Insassen um rund drei Zentimeter entgegen, wodurch die Gurtstraffer mehr Lose herausziehen können. Die hohe Verzögerung vor dem Aufprall spannt die Insassen zudem sozusagen vor. Die Abstützung des Fahrzeuges nach unten beim Crash verringert die typische Nickbewegung bei Kollisionen.

Interactive Vehicle Communication

Das ESF 2009 kann mit anderen Fahrzeugen direkt oder über Relaisstationen kommunizieren. Über „Ad hoc“-Netzwerke und WLAN-Funktechnik kann es beispielsweise Schlechtwetter- oder Hinderniswarnungen empfangen und senden.

PRE-SAFE® Pulse

Diese PRE-SAFE®-Weiterentwicklung kann die Oberkörperbelastung der Insassen beim Seitencrash um rund ein Drittel reduzieren, indem diese vorher präventiv um bis zu 50 Millimeter zur Fahrzeugmitte bewegt werden. Das voranstoßende Rückhaltesystem nutzt dazu Luftkammern in den Seitenwangen der Rückenlehnen der Sitze.

Spotlight-Lichtfunktion

Das partielle LED-Fernlicht strahlt hier potenzielle Gefahrenstellen an. Erkennt die Infrarot-Kamera des Nachtsicht-Assistenten PLUS beispielsweise Wild in der Ferne oder Personen auf der Fahrbahn, können diese wie mit einem Richtscheinwerfer über den ausgeleuchteten Fernlichtbereich hinaus kurz angestrahlt werden.

Belt Bag

Der Belt Bag ist eine Kombination aus Sicherheitsgurt und Airbag. Wenn mittels Crashsensoren ein schwerer Aufprall erkannt wird, löst das Airbagsteuergerät den Belt Bag aus. Ein Generator am Endbeschlag des Gurtes bläst das zweilagige, mit Reißnähten ausgestattete Gurtband auf. Das Belt-Bag-Volumen beträgt rund vier Liter. Den größten Nutzen des Belt Bags sehen die Entwickler im Fahrzeugfond, wo die üblichen Frontairbags nicht verbaut werden können. Daher ist dort ein Einsatz des Belt Bags für Mercedes-Benz mittelfristig vorstellbar.

PRE-SAFE 360°

PRE-SAFE 360° überwacht mittels Nahbereichs- oder Multimodesensor das Fahrzeugumfeld in einem Bereich von bis zu 60 Metern nach hinten. Registriert das Unfallfrüherkennungssystem, dass eine Kollision unvermeidlich ist, werden rund 600 Millisekunden vor dem Aufprall die Bremsen aktiviert. Wird bei einem Heckaufprall das bereits stehende Fahrzeug gebremst, lassen sich nicht nur Sekundärunfälle vermeiden – das getroffene Fahrzeug wird dabei unkontrollierbar beispielsweise in einen Kreuzungsbereich oder auf einen Fußgängerüberweg katapultiert. Auch die Schwere möglicher Verletzungen an der Halswirbelsäule der Passagiere kann durch dieses Festbremsen vermindert werden, weil das Fahrzeug und damit der Körper der Insassen weniger stark beschleunigt wird. Der Fahrer behält bei PRE-SAFE 360° aber stets das Kommando: Gibt er beispielsweise Gas, weil er dem herannahenden Fahrzeug nach vorne ausweichen kann, wird die Bremse sofort gelöst.

Interseat Protection

Gleich zwei Lösungsansätze stellen die Sicherheitsexperten von Mercedes-Benz mit Interseat Protection vor: ein Schutzsystem für Fahrer/Beifahrer sowie eines für die Fondpassagiere. Beiden gemeinsam ist die örtliche Trennung der Insassen, sollte das PRE-SAFE®-System einen Unfall registrieren. Zwischen den Vordersitzen schnellt dann in Sekundenbruchteilen eine fachwerkähnliche Airbag-Stützstruktur hervor, die Fahrer und Beifahrer voneinander fern hält. Eine solche sitzfeste Lösung hat den Vorteil, dass der Schutzraum sich an die Sitzstellung der vorne Sitzenden anpasst. Im Fond hingegen braucht die Sitzverstellung nicht berücksichtigt werden. Deswegen kommt dort bei einem erkannten Unfall ein oberhalb der Mittelarmlehne angebrachtes Schutzpolster zum Einsatz. Das Polster hilft, die beiden Fondpassagiere im ESF 2009 vor gegenseitigen Kollisionen zu schützen. Ist das Polster in Ruhestellung, kann es im Rahmen von PRE-SAFE® aktiviert werden. In Sekundenbruchteilen fährt die Sitztrennung nach oben und entfaltet die beiden Kopfstützen.

PRE-SAFE®-Simulator

Ebenfalls auf der 21. ESV-Konferenz präsentiert Mercedes-Benz einen neuartigen PRE-SAFE-Simulator. Dieser verwendet erstmalig für diesen Zweck einen Linearmotor, um die Fahrzeugkabine innerhalb von vier Metern auf bis zu 16 km/h zu beschleunigen, bevor der Aufprall erfolgt. Der Linearantrieb, ähnlich dem des Zugsystems Transrapid, ist frei programmierbar und funktioniert auch in Gegenrichtung. So können verschiedene Beschleunigungsprofile und auch ein Heckaufprall demonstriert werden. Der Clou des Systems: Die Probanden erleben live die Wirkung von PRE-SAFE-Funktionen wie Gurtvorspannung, NECK-PRO und aufblasbare Seitenwangen der Sitze. Mit diesem Simulator entwickeln Mercedes-Ingenieure auch Systeme zur Verbesserung der Aufprallsituation durch die Analyse der simulierten Vorunfallphase.

Mit dem ESF 2009 greift Mercedes-Benz eine langjährige Tradition auf: Für die ESV-Sicherheitskonferenzen der Jahre 1971 bis 1975 bauten die Stuttgarter Sicherheitsexperten über 30 Versuchsfahrzeuge und erprobten sie bei Crashtests, um die seit jeher visionären Sicherheitsanforderungen von Mercedes-Benz zu erreichen. Vier dieser ESF (Experimental-Sicherheits-Fahrzeug) wurden der Öffentlichkeit vorgestellt, viele der revolutionären Ideen, darunter auch ABS oder Airbags, gingen in den folgenden Jahren bei Mercedes-Benz als weltweit erstem Hersteller in Serie.

Quelle: Daimler Media, JESMB


07.06.2010, Benjamin